
Neue Wege
Tecnica kauft LOWA
Die Jahre 1992/1993 markierten eine Zeitenwende bei LOWA. Josef Lederer verkaufte das Unternehmen an die italienische Firma Tecnica und LOWA erhielt mit Werner Riethmann einen neuen Geschäftsführer und Teilhaber.
Die Jahre 1992/1993 markierten eine Zeitenwende bei LOWA. Josef Lederer verkaufte das Unternehmen an die italienische Firma Tecnica und LOWA erhielt mit Werner Riethmann einen neuen Geschäftsführer und Teilhaber.
Sepp Lederer zog sich im Jahr 1988 aus der Geschäftsleitung zurück. Sohn Stefan übernahm gemeinsam mit Berti die Führung von LOWA. Er entwickelte die neue Generation der leichten Bergschuhe weiter, die seit einigen Jahren den Markt eroberten. Trekkingschuhe waren als outdoortaugliche Konkurrenz zum Turnschuh entstanden.
Der winterliche Teil des Saisongeschäfts, die Skischuhe, wurden dagegen immer schwerer und technischer. Die neuen Modelle kamen bei den Kunden nicht so gut an wie erwartet. Zudem vermieste das Wetter das Skischuhgeschäft: Es folgten einige besonders milde und schneearme Winter. Der Februar 1990 verzeichnete sogar eine Rekord-Durchschnittstemperatur von 5,74 Grad – der höchste Wert in Deutschland seit dem Jahr 1881.
Die dritte Generation Wagner/Lederer wirtschaftete nicht so erfolgreich wie die Vorgänger. Aufgrund einer Reihe von unternehmerischen Fehlentscheidungen und aufgrund von Marktveränderungen geriet LOWA finanziell in Schieflage. Wieder bestimmten die Banken über das Schicksal der Firma. In dieser Zeit kam Werner Riethmann zu LOWA. Riethmann war zuvor Geschäftsführer bei Raichle, einem Schweizer Schuhhersteller, gewesen. Er kannte LOWA und die Familie Lederer. 1992 setzte ihn der Beirat der Deutschen Bank als Geschäftsführer ein.
Die Erzählungen über diese Zeit des Umbruchs und Aufbruchs muten teilweise abenteuerlich an. In Scheunen und Garagen hätten Berge von ungenutztem Material gelegen, erzählt Werner Riethmann im Zeitzeugengespräch. Er habe das ganze erste Jahr nur „aus der Reserve gearbeitet“ und mit dem Material Schuhe produziert. Als sein auf ein Jahr befristeter Vertrag auslief, war der Verkauf von LOWA eingeleitet worden.
Familie Zanatta und Tecnica
Es gab mehrere Interessenten an der Schuhfabrik, schließlich setzte sich als Käufer die italienische Firma Tecnica durch. Das Familienunternehmen war zu einer ähnlichen Zeit und mit ähnlichen Produkten wie LOWA entstanden. Es hatte sich ab 1930 aus einer kleinen italienischen Schusterwerkstatt entwickelt. Der heutige Senior der Familie, Giancarlo Zanatta, arbeitete bereits als Jugendlicher in der Werkstatt seines Vaters. Gemeinsam mit seinem Bruder erweiterte er den Betrieb dann zu einer größeren Schuhfabrik für Bergschuhe, Skischuhe und Après Ski-Schuhe. Der internationale Durchbruch gelang der Firma 1970 mit der Erfindung der Moon Boots. Diese an die schweren Schuhe der ersten Menschen auf dem Mond erinnernden Après Ski-Stiefel gehören inzwischen zu den Klassikern des Industriedesigns und sind in Museen wie dem Museum of Modern Art in New York zu finden.
Mit dem Kauf der Mehrheitsanteile von LOWA sicherte sich Tecnica eine wichtige Stellung innerhalb des Alpinschuhmarktes. Ebenfalls beteiligt an LOWA ist seit dieser Zeit Werner Riethmann, der bald nach dem Verkauf zurückkehrte und damit sozusagen ein zweites Mal bei LOWA anfing. Die Zusammenarbeit zwischen Tecnica und LOWA stand von Beginn an unter einem guten Stern. Eine langjährige Mitarbeiterin erinnert sich besonders gerne an das erste gemeinsame Fest, die Geburtstagsfeier 70 Jahre LOWA. „Das war ein tolles Fest. Die Jetzendorfer Haus- und Hinterhofmusikanten spielten auf, das gefiel unseren italienischen Geschäftspartnern besonders gut. Es gab es Polonaisen durch den ganzen Saal, alt und jung, Jetzendorfer und Italiener, alle zusammen. Da war wirklich eine gute Stimmung.“
Die Mitarbeitenden bei LOWA und die Gemeinde Jetzendorf waren nach dem Verkauf trotzdem unsicher. Wie geht es längerfristig weiter? Bleibt LOWA in Jetzendorf? Wird Tecnica das Produktangebot verändern?
Das neue Führungsteam bei LOWA zeigte bald: LOWA bleibt eine Alpinschuhfabrik und LOWA bleibt in Jetzendorf. Allerdings zog der Bereich LOWA-Skischuhe nach Italien zu Tecnica. Da die Entwicklung und Produktion von Skistiefeln aufwändig ist, erschien es wenig sinnvoll in einer Firmengruppe zwei Skischuh-Standorte zu betreiben. LOWA-Skistiefel wurden noch über zehn Jahre bei Tecnica gefertigt. 2008 wurde die Produktion der Skistiefel beendet.
LOWA-Bergschuhe machten sich dafür mit großen Schritten auf den Weg zum Erfolg. Die Devise hieß: LOWA „… simply more“. Umstrukturierungen, Investitionen, Erweiterungsbauten und technische Weiterentwicklungen führten die Firma auf den nächsten Gipfel: Den Verkauf von 1 Million Paar Schuhen im Jahr 2000.
„Der Schulterschluss mit Italien ist nicht nur eine finanzielle Angelegenheit, sondern spielt sich auf allen Ebenen ab.“
— Werner Riethmann | LOWA Geschäftsführer
1992
Die wirtschaftliche Situation von LOWA ist schwierig. Werner Riethmann übernimmt die Geschäftsleitung.
Die Familie Lederer entschließt sich, ihre Unternehmensanteile zu verkaufen.
1993
Die italienische Firmengruppe Tecnica kauft LOWA.
Zu der Gruppe gehören heute auch die Marken Nordica, Rollerblade, Blizzard und Moon Boot. Bei LOWA werden Prozesse optimiert und das Skischuh-Geschäft nach Italien verlagert. Jetzendorf bleibt der Standort für LOWA-Berg- und -Trekkingschuhe.
1997
Werner Riethmann und sein Entwicklungsteam schaffen den großen Durchbruch mit dem Modell RENEGADE.
Der Schuh wird zu einem Bestseller. Der RENEGADE ist ein Verkaufshit und Klassiker bis heute.
2000
LOWA verkauft erstmals eine Million Paar Schuhe.
Das Unternehmen wächst und baut neue Produktionsgebäude. Aus den ursprünglich 15 Quadratmetern, in denen Lorenz Wagner einst begonnen hatte, ist ein modernes Werk mit 7.000 Quadratmetern Fläche entstanden.
2003
LOWA eröffnet gemeinsam mit der Schöffel Sportbekleidung GmbH den ersten Schöffel-LOWA Store in Frankfurt.
Das Joint Venture nutzt Synergien, die Produkte der beiden Firmen ergänzen sich perfekt. In den folgenden Jahren entstehen über 36 weitere Stores in Deutschland, Österreich und Italien.
2010
LOWA erreicht das nächste Etappenziel. Zwei Millionen Paar Schuhe!
LOWA vertreibt seine Produkte in zahlreiche Länder in aller Welt – neben Europa auch in den USA, China sowie Australien.
2015
„Made in Europe“:
LOWA produziert mit den Produktionspartnern in der Slowakei, Bosnien, Italien und Kroatien Schuhe in ganz Europa.
2019
Alexander Nicolai wird Geschäftsführer und leitet seither gemeinsam mit Werner Riethmann LOWA.
Im selben Jahr kauft LOWA seinen langjährigen Produktionspartner Riko Sport auf. Der Entwicklungsstandort in Italien firmiert fortan unter LOWA R&D und die Produktion in der Slowakei unter LOWA Production. Über 2.000 Mitarbeitende sind bei LOWA beschäftigt.
2023
2023 feiert LOWA seinen 100. Geburtstag und produziert über 3 Millionen Paar Schuhe.
Die Marke zählt zu den wichtigsten Produzenten hochwertiger Outdoor-Schuhe weltweit und exportiert seine Produkte in 80 Länder.